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Ich erinnere mich an meine letzte Fahrradreise entlang der türkischen Ägäis-Küste. Bergauf, bergab. Spartanisch ausgerüstet mit einem Schlafsack, einem Minizelt, etwas Werkzeug und viel Lust, Neues zu erleben. Viele nette Menschen habe ich getroffen und eine tolle Landschaft erlebt. Durch die „Langsamkeit“ des Rades habe ich das alles viel intensiver wahrnehmen können. Das Fahrrad war für mich schon als Kind ein Mittel, um meine Freiheit auszuleben. Doch damit sollte jetzt Schluß sein. Unsere Tochter Anika, 8 Monate alt, veränderte mein Leben. Spontanität wurde durch Organisation ersetzt. Das sollte
auch für den Urlaub gelten, glaubte man anderen Eltern. Die Meinung, daß ein Säugling einen festen
Die Lösung: ein Fahrradanhänger
Die erste Nacht im Zelt: Katja hat aus einer Decke und den Packtaschen ein Nestchen für Anika gebaut. Der Spieluhr-Mond hängt am Zelthimmel und der Beißring auch. Es ist fast wie zu Hause. Anika und auch bald wir schlafen ein
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Zelt, das neue Zuhause
Wir verlassen den Campingplatz, mit dem Auto. Katja will erst einmal einen Platz finden, wo wir ein paar Tage bleiben können, bis Anika sich ans Zelten
gewöhnt hat. Es gefällt mir nicht. Am liebsten würde ich alles aufs Fahrrad packen und losfahren. So war das vor Anikas Geburt. Es stellt sich heraus, daß Katjas Idee ganz gut war.
Der nächste Campingplatz ist ausgebucht. Der übernächste auch. Der Mut verläßt uns. War es ein Fehler, eine Fahrradreise mit einem Säugling zu unternehmen? Hätten wir alles planen
sollen? Wäre es notwendig, schon zu Hause zu wissen, wo wir übernach
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Einmalige Landschaft
Darß ist eine einmalige Gegend. An der nördlichsten Spitze der Halbinsel liegt ein Naturschutzgebiet. Vom südlich liegenden Fischland wird Land abgetragen und hier aufgetragen. Bis auf einen Sporthafen, der früher ein DDR-Militärhafen war, wird die Natur hier nicht gestört. Auf Holzplanken kann man durch die Dünen wandern und den Anlandungsprozeß bestaunen. Die Ferien hier gehen zu Ende. Das schöne Wetter auch. Es wird schlagartig leer. Wir bleiben. Das Zelt übersteht Windstärke 7 ohne Probleme. Wir auch. Nachts wir es erheblich kälter als in den letzten Tagen. Anika haben wir dick angezogen, damit
sie nicht friert. Es sind 9 °C. Tagsüber schläft sie im Anhänger oder auf meinem Rücken im Tragetuch. Am Tag des Aufbruchs nach Zingst hält uns Regen auf. Wir suchen Zuflucht in der
Seemannskirche. Hier ist es trocken und gemütlich. Anika wird gewickelt und gestillt. Die Seeleute hätten bestimmt nichts dagegen. Schon bald scheint wieder die Sonne. Zingst gefällt
mir nicht so gut. Alles ist auf Touristen ausgerichtet. Das neue Hotel paßt nicht zum Erscheinungsbild der reetgedeckten Häuser. Wir verbringen noch fast einen ganzen Tag im
Zelt. Es regnet. Wir lesen und faulenzen, Anika rollt sich durch die Gegend. Der nächste Tag ist wieder wunderschön, eine Gelegenheit, weiter zu radeln.
Nach zweieinhalb Wochen erreichen wir den Campingplatz an dem wir unser Auto gelassen haben. Der Platz und der Strand sind leer geworden. Der Sommer ist vorbei. In einem Supermarkt habe ich ein Kind sagen hören: ”Mama, brauchen wir noch Sonnenschutzmittel?“ Sie antwortete: ”Nein, der Sommer ist vorbei, nächstes Jahr wieder.“ Es ist Ende August. Wir sind froh, daß alles so gut geklappt hat. Es gibt uns Mut, es im nächsten Jahr mit Sizilien aufzunehmen. ã Waldemar Piontek
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